DACH | Werbewoche.ch: Von draussen vom Darknet komme ich her, ich muss euch sagen, es fraudstert sehr
Oliver Hülse von Integral Ad Science mit einem exklusiven Gastbeitrag über Ad-Fraud zu Weihnachten in Online-Shops – und wie man sich dagegen wehren kann.
Die Vorweihnachtszeit: Erhebungen des OVK (Online-Vermarkterkreis im BVDW) zufolge, entfielen 2016 in Deutschland 31 Prozent der Werbeinvestitionen für digitale Online- und Mobile-Werbung auf das letzte Quartal. In den Monaten November und Dezember waren das 384 Millionen Euro netto. Eine Hochsaison für Advertiser und somit auch für Betrüger.
Schaut man sich dazu die aktuellen Marktanalysen zu Ad-Fraud an, wird schnell klar, wie viel von den investierten 384 Millionen nicht optimal eingesetzt werden. In Einzelfällen waren 2017 auf nicht-optimierten Seiten im Display-Bereich bis zu 27 Prozent der Impressions von Ad-Fraud betroffen. Für Direktkäufe bei Publishern wurden bis zu 5,3 Prozent gemessen.
Was genau ist Ad-Fraud?
Ad-Fraud ist allgemein sehr schwankend. Neue Browser, neue Bot-Netzwerke und neue kriminelle Taktiken erschweren das laufende Wettrüsten. Nur 43 Prozent der Marketingverantwortlichen verstehen, wie Anzeigenbetrug genau funktioniert. Zu Ad-Fraud zählen laut dem US-amerikanischen Media Rating Council (MRC):
- der automatische Verkauf von Werbeinventar über Bots oder im Hintergrund laufende Mobile App Services
- die Auslieferung von Pre-Roll-Videos auf Display Banner-Flächen
- das Verstecken von Werbeanzeigen hinter oder in anderen Seitenelementen, so dass diese nicht sichtbar sind
- Werbeeinblendungen auf einer Webseite, die nicht in der RTB-Anfrage bereitgestellt wurde – bekannt als Domain-Spoofing
- die Fälschung von Nutzerdaten wie Standort oder Browsertyp
- Nutzer daran hindern, auf die Werbeanzeige zu reagieren, indem der Anzeigenbereich oder die Seite häufig aktualisiert wird.
Ad Fraud untergräbt den Sinn und Zweck von Werbung: die richtige Botschaft am richtigen Ort an den richtigen Empfänger zu kommunizieren. Betrüger nutzen alle diese drei Bereiche der Werbung für ihre Aktivitäten anhand von verschiedenen Methoden wie Pixel-Stuffing, Ad-Stacking, nichtmenschlichem Traffic, Domain-Spoofing, Nutzer-Spoofing und viele mehr. Die häufigsten Betrugsarten sind nichtmenschlicher Traffic und Domain-Spoofing. Domain-Spoofing wird häufig genutzt, um unsichere Webseiten zu verschleiern. Betrüger manipulieren Domains von Webseiten wie unter anderem Video-Piraterie-Seiten, um ihre wahre Identität zu verdecken und Gewinn aus dem Traffic zu generieren.
Wie kommt es zu Ad-Fraud?
Die Nachfrage nach Werbeinventar steigt, vor allem in den Wochen vor Weihnachten. Betrüger stellen neues, günstiges Werbeinventar zur Verfügung. Die Werbeanzeigen werden an Bots weitergeleitet, damit die Betrüger die Bezahlung erhalten. Die Kampagnenergebnisse zeigen jedoch eine sehr gute Performance. Daher sind KPIs, die den Schwerpunkt auf Quantität und nicht auf die Qualität legen, nicht sinnvoll. Viele denken bei Ad-Fraud vor allem an Bots. Es gibt auch andere Arten von Online-Werbebetrug, die zum Beispiel kleinere Steigerungen beim TKP generieren. Bot-Traffic hingegen liefert eine Einnahmequelle, die es zuvor nicht gab.
Fraud identifizieren
Messen Sie Fraud in allen Kampagnen, um die Auswirkungen auf die Performance gesamtheitlich zu verstehen.
Nutzen Sie Lösungen gegen Fraud, die vom Media Rating Council (MRC) für allgemeinen (General) und komplexen (Sophisticated) Invalid Traffic (IVT) anerkannt wurden. Wobei der betrügerische Traffic der SIVT ist. Der allgemeine non-human Traffic besteht aus Crawlern, die die Internetnutzung erleichtern und auch Bots, die zur Ortung des betrügerischen Traffics eingesetzt werden.
Folgen Sie den Richtlinien des MRC für SIVT-Aufdeckung und -Filtrierung.
Fragen Sie die Dienstleister mit Lösungen gegen Fraud, Ad-Server oder sonstige Anbieter, wie Bots und andere Formen von SIVT gemessen werden können.
Bieten oder fordern Sie mehr Transparenz bezüglich des Werbeinventars und -Traffics, inklusive der Traffic-Quellen und Audience Extensions.
Verwenden Sie Verifizierungs- und Fraud-Anwendungen, die bestätigen, dass Werbeanzeigen nach Plan ausgeliefert wurden (an die gewünschten Webseiten, Geräte, Standorte und Empfänger); ob die Umfelder Ad-Clutter oder andere Platzierungsprobleme aufwiesen; ob die Brand Safety sichergestellt werden konnte.
5 Tipps, wie Sie Ad-Fraud verhindern
Blockieren Sie betrügerische Impressions bevor sie den Creative Ad-Server erreichen.
Sortieren Sie gekennzeichnete, infizierte PCs aus, um zukünftigen Werbebetrug zu verhindern.
Sortieren Sie Webseiten aus, die bereits betrügerische Aktivitäten in ihrem Verlauf aufweisen und durch das Page-Level Scoring identifiziert werden können.
Verwenden Sie Blacklisting und/oder Whitelisting.
Setzen Sie Pre-Bid-Screening ein.
Wettrüsten zu Weihnachten
Bei immer ausgefeilteren Betrugsarten muss auch die digitale Branche ihre Möglichkeiten der Betrugserkennung weiterentwickeln, um die Echtheit von Impressions einzuschätzen und den Kauf und Verkauf von betrügerischem Inventar zu vermeiden. Der Kampf gegen Ad-Fraud lässt sich nur gewinnen, wenn Netzwerke, Geräte, Browser sowie Userverhalten durch Data Science und Technologien besser analysiert werden und vor allem durch gezielte Aufklärung. Risiken müssen durch Malware-Analyse, Software-Zerlegung und Infiltration von Hacker-Gemeinschaften identifiziert werden und Technologien dementsprechend weiterentwickelt werden. Diese Aufgabe übernehmen Verifizierungs- und Optimierungsanbieter. Am wichtigsten ist jedoch, die Aufmerksamkeit für Fraud zu steigern und an der Problemlösung mitzuwirken. Entscheidend ist, dass alle Mitglieder des digitalen Ökosystems Teil des Prozesses und der Lösung sind. Advertiser, Agenturen und Vermarkter sollten alle diese Technologien einsetzen, damit Betrügern keine Chance mehr bleibt, den Weihnachts-Umsatz abzugreifen.